Unitarier - Religionsgemeinschaft freien Glaubens e.V. Unitarier - Religionsgemeinschaft freien Glaubens e.V.

Neujahrsempfang der Landegemeinde Hamburg

„Viel Glück für's Neue Jahr“ Meistens haben wir bei "Viel Glück! "den Wunsch für einen günstigen Verlauf oder erwünschte Fügung im Sinn – auf dass kein Unglück geschehe.

Der Philosoph Wilhelm Schmid hat es das „Zufallsglück“ getauft. Es ist zwar zufällig und also nicht verfügbar, aber es lässt sich einiges dafür tun: Wichtig ist die innere Haltung, die ein Mensch dazu einnimmt. Wilhelm Schmid schreibt: "Er kann sich öffnen oder verschließen für den Zufall einer Begegnung, einer Erfahrung, einer Information. Im Inneren seiner selbst wie im Äußeren seiner Lebensführung kann er das Schmetterlingsnetz bereithalten, an dem ein Zufall sich verfangen kann, oder die Wand errichten, an der jeder Zufall abprallt." Dieses Netz schwingen wir mit Neugier, Offenheit und Achtsamkeit. Vom „Zufallsglück“ grenzt Schmid das „Wohlfühlglück“ ab. Letzteres charakterisiert das Streben nach angenehmen Situationen, schönen Erfahrungen und guten Stimmungen. Natürlich hilft Geld, sich Urlaube und spannende Events zu verschaffen. Ohne dieses Streben nach dem Wohlfühlglück wäre die dynamische und stürmische Entwicklung unserer Spaß-, Freizeit- und Konsumgesellschaft gar nicht möglich gewesen.

Allerdings kann es nicht nur Angenehmes geben. Tatsächlich ist die Polarität ein Wesenszug unseres Lebens: Helles und Dunkles, Freude und Trauer, Zusammenhangserlebnis und Trennung, Neues und Altbekanntes. Was wir auch tun, es wird immer wieder Zeiten der Ernüchterung, der Enttäuschung, der Qual geben. Vielleicht ist es mir möglich, diese Polarität des Lebens zu akzeptieren. "Nicht in jeder ihrer Erscheinungsformen, aber in ihrer Grundstruktur? Kann ich einverstanden sein mit dem gesamten Leben? Wie lebe ich mit dem Negativen an mir selbst und in meinem Leben? Erscheint das Leben in all seiner Polarität dennoch von Grund auf schön und bejahenswert? Dann kann ich mich eingebettet wissen in einen größeren Zusammenhang, in dem das Eine und das Andere Platz hat." Schmid benutzt dafür die Bezeichnung "Glück der Fülle". Eine weitere schöne Facette unseres Reichtums aus Vielfalt im Leben.

Gerhard Puhlmann, Zitate aus "Glück", Wilhelm Schmid, Insel Verlag, 1. Auflage 2007